Die Comic-Übersetzung, eine ernste Sache

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Wie ich bereits vor einiger Zeit erwähnte, beschäftigt mich derzeit neben allerlei eher langweiligen juristischen Übersetzungen auch eine sehr interessante Comic-Übersetzung. Genauer gesagt handelt es sich um ein Werk, das dem Genre „Graphic Novel“ angehört und mir mit zahlreichen Herausforderungen viel Spaß und Kopfzerbrechen bereitet. Wie man meinem Blog zweifellos anmerkt, spreche ich gern von meiner Arbeit und erfülle nebenbei noch ungefragt die Mission, den Berufsstand der Übersetzer etwas bekannter und verständlicher für die Allgemeinheit zu machen. Daher nutze ich meinem professionellen Ausflug in die Comic-Welt, um diese immer beliebtere Kunst- und Literaturgattung aus der Sicht des Übersetzers zu betrachten.

Klar ist, dass Comics schon längst den Kinderschuhen entwachsen sind und Jung und Alt gleichermaßen begeistern. Doch alles, was sie von der „herkömmlichen“ Literatur unterscheidet, erweist sich gerade bei der Übersetzung als knifflig:

  • Die Texte in Panels, Sprech- und Denkblasen sind durch den verfügbaren Freiraum begrenzt, in den auch die Übersetzung eingepasst werden muss. Steht in einer kleinen Sprechblase „Adiós“, kann man es aus Platzmangel unmöglich mit „Auf Wiedersehen“ übersetzen. Gleiches gilt für beschriftete Hinweisschilder, sodass man bei einem Schild mit der Aufschrift „Alcalde“ eventuell nicht „Bürgermeister“ einsetzen kann.
  • Bei Sprech- und Denkblasen kommt zum Platzproblem noch erschwerend hinzu, dass sie unregelmäßig geformt sein können und dem Originaltext angepasst sind. So können sie beispielsweise an einer Stelle, wo ein kurzes Wort steht, schmaler sein. Dies schränkt natürlich auch die Übersetzung ein, da man besonders am schmalen Ende oder Anfang der Blase (und damit am Satzanfang und -ende) kein langes Wort setzen kann – und davon gibt es ja eine ganze Menge in der deutschen Sprache …
  • In „normaler“ Literatur kann man unbekannte Abkürzungen im Text selbst erklären, doch in einem Comic-Panel ist dafür meist kein Platz. Daher muss man auf Fußnoten zurückgreifen, deren Zahl jedoch möglichst gering zu halten ist, um den Lesefluss nicht zu unterbrechen.
  • Wird in einem Roman eine für die Zielkultur unverständliche Floskel (z.B. „me cago en la hostia“) verwendet, sucht der Übersetzer einfach das passende Gegenstück. Steht diese Floskel jedoch in Verbindung mit einem Bild (auf dem jemand über einer Hostie hockt), ist Kreativität gefragt.
  • Auch die in Comics beliebte Lautmalerei erweist sich als Herausforderung. Habt ihr euch schon mal überlegt, wie man Motorgeräusche („Brrrummm“) übersetzt, wenn der Motor schlecht läuft, stottert oder eine Fehlzündung zu hören ist? Weitere Beispiele in dieser Hinsicht sind, dass Spanier anders lachen („jajaja“) als wir Deutschen („hahaha“) und auch Schmerzen anders ausdrücken („ay“ statt „au“).

Alle diese Schwierigkeiten, die eine Comic-Übersetzung auszeichnen und von einer „gewöhnlichen“ Literaturübersetzung unterscheiden, werden in der Bezahlung des Übersetzers leider nicht berücksichtigt, die im Vergleich zum Arbeitsaufwand eher spärlich ausfällt („seufz!“).

Mag sein, dass viele Comic-Übersetzungen aus Liebhaberei entstehen und bei der Leserschaft kaum Beachtung finden. Dennoch haben einige deutsche Comic-Übersetzer Geschichte geschrieben, beispielsweise Erika Fuchs, der wir alle grundlegenden Namen, Begriffe und Lautmalereien aus Entenhausen (sowie die von ihr erfundenen Inflektiv-Formen wie „würg“, „lächel“, „gähn“) zu verdanken haben, oder Herbert Feuerstein, der die deutsche Ausgabe des „Mad Magazins“ entscheidend prägte.

Abschließend noch ein kleines Glossar mit wichtigen Begriffen aus der Comicwelt:

Deutsch Spanisch Erklärung
Cartoon caricatura / dibujos animados Karikatur / Zeichentrickfilm
Colorist colorista Farbgeber
Comic cómic / historieta / tebeo Bildergeschichte
Comicheft tebeo (ableitet vom Namen der bekannten spanischen Comicreihe „TBO“) Zeitschrift mit Comicgeschichten
Comic Strip historieta / tira cómica aus 3 bis 4 Panels bestehende Bildergeschichte
Comicautor guionista schreibt das Script bzw. den gesamten Text
Comiczeichner dibujante de cómic zeichnet die Bilder
Graphic Novel novela gráfica literarisch ausgerichteter Comic
Inker / Tuschezeichner entintador malt die mit Bleistift entstandenen Vorzeichnungen nach
Letterer rotulista/rotulador Ja, ist ein eigener Beruf, denn oft werden die Texte in Comics tatsächlich noch mit der Hand geschrieben (Hand-Lettering vs. Maschinen-Lettering).
Lettering rotulación Gestaltung der Texte in Comics
Manga manga allgemeine japanische Bezeichnung für „Comic“
Panel viñeta Einzelbild eines Comics
Script guión Drehbuch mit Beschreibung aller Figuren, Dialoge, Handlungen, Szenarien, usw.
Sprech-/Denkblase bocadillo / globo (de habla o pensamiento) Textblase mit dem von einer Comicfigur gesprochenen oder gedachten Text
Webcomic webcómic / e-comic Comic, der ausschließlich im Internet erscheint.

Ein umfassenderes Glossar mit Comic-Fachbegriffen in acht Sprachen (Englisch, Französisch, Holländisch, Deutsch, Dänisch, Spanisch, Italienisch und Portugiesisch) findet ihr hier.

15 KOMMENTARE

  1. Hi,
    bin zufällig auf deinen Blog gestoßen. Sehr unterhaltsam und sehr wahr!! 🙂
    Ich schreibe meine BA-Arbeit in Übersetzungswissenschaften über die Problematik bei Comicübersetzungen vom Deutschen ins Spanische. Kannst du mir sagen wer das spanische Pendant zu Erika Fuchs ist?
    Danke und ein Fan mehr 🙂

    • Vielen Dank für die “Blumen”, Laura 😉 Dein Thema und die Nachforschungen hören sich ja sehr interessant an. Leider bin ich auch nicht sooo firm in diesem Thema, denn auch für mich sind die Comicübersetzungen noch Neuland, und ich kenne gerade einmal eine Handvoll deutscher Comic-Übersetzer. Meiner Ansicht nach gab es in Spanien niemanden von Frau Fuchs’ Kaliber und mit ihrem Einfluss, aber vielleicht kannst du dich ja mal durch in Spanien erschienene alte Superhelden- und Entenhausen-Hefte googlen und ausfinding machen, ob irgendein Übersetzer besonders hervorstach. Wie gesagt, mir ist namentlich niemand bekannt, aber das muss nicht heißen … Viel Erfolg!

  2. Hola André: muy interesante tu artículo. Me topé con este blog un poco por casualidad. Soy traductora de profesión y estoy buscando abrirme camino en la traducción literaria. Me encantan los cómics y aspiro a poder dedicarme también a su traducción. ¿Tienes alguna sugerencia o recomendación de qué cosas hacer para ir entrando en ese mundillo? Actualmente tengo cero contactos en el mundo editorial y me toca un inmenso trabajo de investigación y “networking”. ¿Por dónde le recomendarías a un novato que empezara? Saludos y gracias.

    • Hola, Elsa: muchas gracias por tu comentario. Si te digo la verdad, entrar en el mundo de la traducción literaria es bastante complicado. Al menos, a mí me ha costado: mi afición a (la traducción de) los cómics es relativamente reciente, y si he conseguido encargos, ha sido por insistencia. He ido recomendando títulos que me gustaban y me parecían interesantes a editoriales (durante años) hasta que, igual por cansino, me dieron el primer encargo. En general, si te interesa el mundo de la traducción literaria, puedes informarte en la página web de ACEtt: http://www.ace-traductores.org/ ¡Saludos y mucha suerte!

  3. Hallo André! Sehr interessanter Eintrag, auf den ich gerade zufällig gestoßen bin 🙂

    Ich studiere Spanisch und Deutsch und bin gerade dabei, einen fächerübergreifenden didaktischen Entwurf zu kreieren, in dem ich interessante Comic-Strips mit besonders bildhafter Sprache suche. Idiomatische Wendungen, Metaphern etc. sollen möglichst häufig vertreten sein, die dann von den Schülern übersetzt werden können.

    Kannst du mir eine bestimmte Comic-Reihe empfehlen? Ich habe schon an Mafalda gedacht, aber noch keine wirklich prägnanten Beispiele gefunden.

    Ich würde mich sehr über eine Antwort freuen 😉

    Saludos,
    Christian

    • Hallo, Christian,
      danke für deinen Kommentar. Ich habe dir per E-Mail geantwortet! HIer noch mal mein Tipp: Wenn dir die Originalsprache egal ist, schlage ich Tim & Struppi oder auch Asterix & Obelix vor; bei spanischen Comics fällt mir spontan Clever & Smart ein …
      Saludos,
      André

  4. Me encantó tu pequeña entrada, de hecho, somos colegas. Claro que yo traduzco EN-ES. Es algo muy entretenido y hay que tener mucha creatividad algunas veces, es cierto. Yo lo hago por amor al arte por el momento, porque simplemente me encanta y es como unir mis dos pasiones al unísono 🙂

  5. Hola! Qué Interesante no solo tú trabajon sino también la dedicación en el mundo del cómic. Tengo una duda o interés en una recomendación de alguien que conozca la materia y creo estar en el lugar correcto. Quizá haga mucho tiempo de esta entrada pero me ha surgido el debate entre comprarme unos cómic en versión original o traducidos. En concreto quiero leerme paper girls, no controlo mucho de cómics pero el nivel de inglés aumenta y me parecía bien lanzarme al original. En ese momento se sembró la duda sobre qué sería más recomendable. De slang no ando mal pero no sé si quizá por la velocidad lectora podría disfrutar más con el español que imagino y confío en la pasión que el traductor/a han hecho. Por otro lado, soy maestra y fomento mucho el cómic por lo que igualmente, me surge la duda sobre si sería recomendable que tomaran contacto las versiones originales o para nada es recomendable porque perdería toda la.gracia. Gracias por el post!

    • Hola, Carmen: Gracias por tu mensaje. La verdad es que es una cuestión interesante, y no creo que tenga respuesta fácil ni definitiva. Para mí personalmente, en la lectura prima el disfrute. Según el momento del día y mi estado de ánimo tengo diferentes necesidades y puedo buscar una lectura más difícil en cierto momento, o más fácil en otro. Leer en un idioma que dominas es relativamente fácil, leer en un idioma extranjero requiere un esfuerzo extra, pero a veces es lo que busco: seguir aprendiendo o perfeccionando. Los cómics son literatura y tratan diferentes temas; los hay de diferentes niveles y también para adultos, niños y jóvenes. Lo importante es que cuando leas, estés a gusto, sea en tu idioma u otro. Por lo tanto, un cómic puede ayudar a practicar otro idioma o simplemente te puede entretener en el tuyo. No sé si te he contestado…

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